Einfamilienhausbesitzer sind „Verlierer“, Gewerbetreibende „Gewinner“ der neuen Grundsteuerreform

Während einige Besitzer von Einfamilienhäusern künftig tiefer in die Tasche greifen müssen, werden viele Gewerbetreibende voraussichtlich künftig deutlich weniger Grundsteuer bezahlen müssen – dieses Signal gab der Remchinger Kämmerer Frank Burghardt mit Blick auf die gesetzlich verpflichtende Neubemessung der Grundsteuer. Er sprach von „Gewinnern“ und „Verlierern“ der Reform. Dabei unterstrich er, dass die Kommunen keinerlei Spielraum hätten, sondern die Bewertung von Grundstücken in Baden-Württemberg alleinige Aufgabe der Finanzämter ist. Wie berichtet hatte das Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherige über Jahrzehnte durchgeführte Einheitsbewertung von Grundstücken für verfassungswidrig erklärt, auf Basis derer die Kommunen seit 1964 die Grundsteuer erheben. Ab 2025 müssen neue Bewertungsregeln gelten, wobei sich Baden-Württemberg mit vier anderen Bundesländern für ein vereinfachtes Verfahren entschieden hatte. Dabei geht es vor allem um die Grundstücksfläche und den von Gutachterausschüssen, nicht von der Gemeinde festgelegten Bodenrichtwert, hinzu kommen Privilegierungen für Denkmalschutz, Sozialen Wohnbau und überwiegende Nutzung als Wohnfläche.

Im Zuge der Aufkommensneutralität bekommen die Gemeinden durch die Anpassung nicht mehr oder weniger Grundsteuer, sie müssen die beiden Hebesätze für Grundsteuer A (landwirtschaftliche Flächen, in Remchingen jährlich etwa 20.000 Euro) und Grundsteuer B (bebaubare Flächen, in Remchingen jährlich etwa 1,5 Millionen Euro) entsprechend anpassen, dass das Aufkommen dem vorherigen entspricht. Für das Gro der Remchinger gebe es einige, für voraussichtlich fünf bis acht Prozent der Fälle extreme Veränderungen, wie Burghardt anhand von konkreten anonymen Fallbeispielen aufzeigte. So bezahle der Besitzer eines Einfamilienhauses auf einem 650 Quadratmeter großen Grundstück in Nöttingen beispielsweise anstatt jährlich rund 64 Euro künftig 460 Euro und damit das Siebenfache: „Das wird nicht nur zu Irritationen, sondern auch zu Nachfragen und Frust führen, auch wenn wir als Gemeinde keinen Einfluss darauf haben“, unterstrich Burghardt, „Grundlage ist der Bodenrichtwert, egal ob ein Gebäude darauf steht und wie hoch es ist.“ Eine privat beauftragte individuelle Bewertung durch den Gutachterausschuss sei zwar möglich, koste aber pro Einzelfall mehrere hundert Euro und garantiere nicht den Erfolg einer tatsächlich geringeren Bewertung. Ein exemplarisch herausgegriffenes Mehrfamilienhaus in Singen verursache anstatt 170 nun 523 Euro Steuerschuld, etwa das Dreifache, auch Baulücken würden teurer. Sparen werden dagegen Besitzer von Eigentumswohnungen (im Beispiel anstatt 201 nur noch rund 87 Euro) sowie Gewerbetreibende – für einen Betrieb an der Nöttinger Tullastraße errechnete Burghardt anstatt rund 6.300 Euro nur noch 2.300 Euro.

Die Anpassung der Hebesätze steht auf der Tagesordnung des Gemeinderats in der nächsten Sitzung am heutigen Donnerstagabend. Der Kämmerer betonte, dass die Gemeinde nicht vorhabe, das politische Versprechen der Aufkommensneutralität zum Umstellungszeitpunkt zu brechen – die in Remchingen seit Jahren deutlich unter dem Landesschnitt liegenden Hebesätze müssten jedoch baldmöglichst eine Anpassung erfahren, damit die Gemeinde die zukünftigen finanziellen Herausforderungen stemmen könne.

jza

Symbolbild (Foto: iStock/Pusteflower9024)
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