Bleistiftzeichnungen machen dunkle Vergangenheit lebendig

Während draußen die Frühlingssonne scheint, ist die Stimmung in der Wilferdinger Christuskirche bedrückend. Es wird Abend und immer dunkler, während Anne Rentschler von der evangelischen Aidlinger Schwesternschaft in eine Ausstellung einführt, die die meisten Besucher merklich aufrüttelt. Die Ausstellung zeigt ausgewählte Zeichnungen der Holocaust-Überlebenden Ella Liebermann-Shiber (1923-1998). Geboren als Kind einer jüdischen Familie in Berlin erlebte sie schon früh eine brutale Ausgrenzung und Verfolgung.

Sie wurde in ein Ghetto gebracht und schließlich mit einem Güterwaggon ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Dort erlebte sie gemeinsam mit ihrer Mutter eine beispiellose Gewalt, die sie nur aufgrund ihrer Zeichenbegabung überlebte, wie Anne Rentschler bei der Einführung verdeutlichte: Immer wieder bekam Liebermann-Shiber Aufträge der SS-Leute und wurde am Leben gelassen.

Ihr Leben wurde gezeichnet vom Holocaust – und sie hat später den Holocaust gezeichnet, um schreckliche Erlebnisse zu verarbeiten. In 93 ausdrucksstarken Bleistiftzeichnungen, die mittlerweile als Buch veröffentlich sind, hat die Überlebende nach der Befreiung Szenen aus der dunklen Vergangenheit der deutschen Geschichte festgehalten.

Seit Januar gibt es die interaktive Wanderausstellung des Vereins Zedakah, die 19 Zeichnungen zeigt. Mithilfe eines Tablets können die Besucher Audio- und Videoaufnahmen mit der Originalstimme von Liebermann-Shiber beim Rundgang auf sich wirken lassen, was das Leben und Leiden der Künstlerin noch lebendiger macht. „Wir erzählen die Geschichte von Zeitzeugen weiter, die bald nicht mehr leben, und tun das auch, damit so etwas im Land nicht mehr passiert“, unterstrich Rentschler, „Gerne würde man sagen: Nie wieder passiert das in Deutschland! Aber beim Blick in die Medien könnte man sagen: Irgendwie kommt einem das bekannt vor…“

Annegret Südland, Studienleiterin im Religionspädagogischen Institut der evangelischen Landeskirche in Baden und Religionslehrerin an der Remchinger Realschule, hat zusammen mit Patrick Zipse, Diakon der Wilferdinger Kirchengemeinde, die Ausstellung nach Remchingen geholt. Vormittags für Schulklassen – hier hätte sich Südland über die Realschule hinaus auch ein Interesse umliegender Schulen erhofft – nachmittags für die Öffentlichkeit. Finanzielle Unterstützung erhielten sie vom Förderverein der Realschule und vom Förderverein aller Kinder und Jugendlichen in Remchingen (FÖRDI).    

Die Ausstellung „Holocaust gezeichnet – Erinnerungen aus dunkler Vergangenheit“ ist noch am Mittwoch, 9. April, von 16 bis 21 Uhr öffentlich in der evangelischen Christuskirche am Kutscherweg 13 zu sehen. Besuchern unter 16 Jahren wird die Begleitung durch Erwachsene empfohlen. Weitere Informationen zum Thema gibt es im Internet unter www.papierblatt.de.  

jza

Gegen das Vergessen führen Schwester Anne Rentschler (von links), Annegret Südland und Diakon Patrick Zipse in der Wilferdinger Kirche durch die Ausstellung „Holocaust gezeichnet“. Foto: Zachmann
Gegen das Vergessen führen Schwester Anne Rentschler (von links), Annegret Südland und Diakon Patrick Zipse in der Wilferdinger Kirche durch die Ausstellung „Holocaust gezeichnet“. Foto: Zachmann
Gegen das Vergessen zeigt die Ausstellung „Holocaust gezeichnet“ in der Wilferdinger Christuskirche Zeichnungen der Holocaust-Überlebenden Ella Liebermann-Shiber. Foto: Zachmann
Gegen das Vergessen zeigt die Ausstellung „Holocaust gezeichnet“ in der Wilferdinger Christuskirche Zeichnungen der Holocaust-Überlebenden Ella Liebermann-Shiber. Foto: Zachmann
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