Bei Nacht im Wald sind alle Sinne gefragt

Während die Dämmerung und die Nacht normalerweise Tabu sind für Spaziergänge im Wald und man zum Schutz der Waldbewohner ausgewiesene Wege nicht verlassen sollte, machte die Remchinger Revierförsterin Sarah Zwerenz dieser Tage eine Ausnahme für eine Gruppe interessierter Besucher: Im Rahmen einer Dämmerungswanderung durften sie das Nöttinger „Kaffeewäldle“ von außergewöhnlichen Blickwinkeln betrachten – und mit allen Sinnen erleben. Denn kaum ging es erstmal so richtig rein ins Dickicht, wurde es auch immer dunkler.

„Jetzt sind andere Sinne gefragt“, verdeutlichte Zwerenz am Beispiel des Dachses, der bei Nacht seinen Bau verlässt und sich dann insbesondere mithilfe seines großen Innenohrs, seiner sensiblen Nase und mit einem ausgeprägten Tastsinn, zu dem auch die Gesichtshaare beitragen, orientiert. Dabei setze er immer wieder auch Duftnoten ab.

Ganz und gar keine Nachteulen sind dagegen Rehe, die eigentlich in der offenen Steppenlandschaft leben würden: „Der Mensch hat sie aber immer weiter zurückgedrängt in den Wald, wo sie ihre Aktivität immer weiter in die Dämmerung oder die frühen Morgenstunden verlegen, damit sie es beschaulich und ruhig haben“, verdeutlichte Zwerenz die Notwendigkeit entsprechender Rückzugsorte für Waldbewohner.

Mit durchaus guten Erfolgen in den vergangenen Jahren: So seien heutzutage in den heimischen Wäldern wieder mehr Tiere zu beobachten – nicht nur Säugetiere und Vögel, sondern auch Amphibien und Insekten.

Neben der landesweit naturnahen Waldbewirtschaftung macht Zwerenz dies auch am Klimawandel fest: Anhaltende Trockenperioden sorgten in den vergangenen Jahren gerade am Waldrand für lichtere Baumkronen und so für einen passenden Lebensraum für einige Waldbewohner.

Wildschweine sind mittlerweile so viele unterwegs, dass sie im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung nachts auch mit Nachtsichtgeräten bejagt werden dürfen – während beispielsweise Rehwild nachts nicht bejagt werden darf. Ein solches Nachtsichtgerät durften die Besucher bei dem interaktiven Rundgang auch selbst ausprobieren – ebenso wie unterschiedliche Felle erfühlen oder eine Minute lang innehalten und ganz genau die Ohren spitzten.

Was hört man tief im Nöttinger Wald? „Ein Motorrad“, stellte ein aufgeweckter Junge auf den Schultern seines Vaters fest. Tatsächlich konnten die Besucher feststellen, dass die Autobahn an vielen Teilen des Remchinger Waldes sehr präsent ist.

Neben Grillen konnten sie aber auch einige Vögel und das Käuzchen rufen hören. Durch das unvermeidbare Rascheln der Gruppe würden sich andere Tiere kaum zu erkennen geben, erklärte Zwerenz, hatte aber auch dafür eine kreative Idee. Sie spielte die Tierstimmen mithilfe eines Kinderbuches ein: vom Fuchs über die Krähen bis zum Eichelhäher, der „Polizei des Waldes“, wie Besucherin Marion Müller früher in der Schule gelernt hatte.

Auch der Kuckuck, der jedoch eher in Straubenhardt zu hören sei, wo Zwerenz wohnt und in ihrer Freizeit selbst auf Jagd geht, durfte nicht fehlen. Ebenso wenig wie der Brunftruf der Hirsche, die in Baden-Württemberg in fünf ausgewiesenen Rotwildgebieten zu finden sind. Das größte davon liegt im Nordschwarzwald.

Bei der Wanderung, zu der sich doppelt so viele Besucher angemeldet hatten als es Plätze gab, weshalb es einen Folgetermin geben werde, durften sich die Teilnehmer mit geschlossenen Augen an einem Seil einige Meter ins Dickicht bewegen und so ihre Sinne erkunden.

Während insbesondere die Kinder großen Spaß hatten, mit der Taschenlampe Tier-Aufsteller zu erkunden, drehten zur Freude der ganzen Gruppe am Ende zwei Fledermäuse ihre Runden am Waldrand.

jza

Außergewöhnliche Einblicke mit allen Sinnen: Auf eine Dämmerungswanderung durchs Nöttinger „Kaffeewäldle“ lud Försterin Sarah Zwerenz interessierte Besucher ein. (Foto: Zachmann)
Zum Abschluss ging es auf Tier-Aufsteller-Suche mit der Taschenlampe. (Foto: Zachmann)
Kreative Idee: Tierstimmen aus dem Kinderbuch. (Foto: Zachmann)
Während der Dämmerung gab es Fledermausskelett zum Anschauen, später zeigten sich den Besuchern zwei Fledermäuse in der Nacht.( Foto: Zachmann)
Auf ihren Tast- und Gehörsinn verlassen konnten sich die Besucher, während sie sich einige Meter an einem Seil mit geschlossenen Augen fortbewegten. (Foto: Zachmann)
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